Titel: Die Augen der Heather Grace
Reihe: The strange Beginnings of Sherlock Holmes
Autor: David Pirie
Genre: Historischer Kriminalroman
Verlag: Bastei Lübbe
ISBN: 978-3404169740
Seitenzahl: 336 Seiten
Preis: 8,99 €
"Die bemerkenswertesten Erfahrungen im Leben eines Menschen, bei denen er am tiefsten empfindet, sind genau jene, über die er am wenigsten zu reden gewillt ist."
Als Arthur Conan Doyle der Leiche seiner ehemaligen Patientin gegenübertritt, erinnert er sich an den Moment, in dem er sie kennenlernte. Die Erinnerungen führen den Arzt zurück zu den Anfängen seiner ersten eigenen Praxis und zu Heather Grace, seiner ersten Patientin.
Sie ist jung und schön und der junge Arzt von dieser Schönheit ebenso verwirrt, wie auch von ihrem Problem. Neben einem Augenleiden fühlt sich die Frau von ihrer Vergangenheit verfolgt und glaubt schon dem Wahnsinn anheim zu fallen. Doyles Aufmerksamkeit wird aber auch auf einen Mordfall gelenkt. Ein reicher Geschäftsmann wurde ermordet und plötzlich steht Doyle selbst im Zentrum der Ermittlungen und soll sogar an der Tat beteiligt gewesen sein. Verzweifelt wendet er sich an seinen alten Mentor Dr. Joseph Bell, der ihn aus dieser misslichen Lage retten soll. Die Ermittlungen des exzentrischen Doktors beginnen und bald scheint nichts mehr so zu sein wie es sich zuerst darstellt.
Meggies Meinung
Viktorianische Kleider. Allein deshalb hat mich das Cover angesprochen und ich musste zugreifen. Sherlock Holmes kann ja auch nie wirklich schaden, auch wenn es um dessen Autor Arthur Conan Doyle gehen sollte, denn auch wenn die Protagonisten Arthur Conan Doyle und Dr. Joseph Bell heißen, hat man doch gleich zu Beginn schon das Gefühl, dass es sich bei den Beiden eher um Sherlock Holmes und Doktor Watson handelt. Für mich allerdings eine Offenbarung, die mir den Lesespaß noch vergrößert hat.
Die Charaktere sind vom Verhalten her tatsächlich sehr an den Romanfiguren von Doyle orientiert. So kommt es immer wieder zu den Sherlock-Fans bekannten Situationen, in denen Watson endlich zu begreifen scheint und Holmes schließlich vollkommen andere Schlüsse zieht, die sich dann erschreckender Weise auch noch als die logische Lösung des Rätsels ergeben. Außerdem sind die Figuren recht klischeehaft aufgebaut. Doyle nimmt die Rolle des Mannes ein, der die schwache Frau, Heather Grace, beschützen möchte. Der Autor spielt instinktiv mit diesen Rollenmodellen und vollführt so einen recht unerwarteten Umschwung. Allerdings muss ich ganz offen gestehen, dass ich einfach ein totaler Fan der Beziehung zwischen Watson und Holmes bin und entsprechend auch die Konstellation von Doyle und Bell direkt ins Herzgeschlossen habe. Es fällt mir recht schwer objektiv darüber zu urteilen, in wie weit die Figuren tiefgründig und mehrdimensional angelegt waren
Die Geschichte war vom Autor durchaus recht spannend angelegt, doch der Erzählstil unseres lieben Doyles machte genau diesen Spannungsbogen hin und wieder etwas problematisch. Leider neigt der Protagonist dazu seine Gedanken etwas ungeordnet zu präsentieren und gerade der Einschub über seine Zeit bei seinem ehemaligen Studienkollegen Cullingworth und dessen inszeniertes Drama haben für mich den Lesefluss doch etwas gestört, vor allem weil es einen total aus der eigentlichen Handlung hinausbefördert hat. Leider war das für mich eher ein Spannungsbruch im Buch, den allerdings die rasante Abfolge an Ereignissen und Bells großartige Auflösung des Falls am Ende wieder ausgeglichen haben.
Wer emotionale Tiefe sucht ist bei diesem Roman falsch, da Rührseligkeit und große Gefühle einfach nicht in das Genre passen, doch dafür gibt es eine gut durchdachte Detektivgeschichte, die nicht blutrünstig und gewalttätig daher kommt, aber zwei bemerkenswerte Protagonisten beinhaltet, die es am Ende gemeinsam schaffen dem Bösen auf die Schliche zu kommen. Entsprechend ist auch der Schreibstil. Leichte Kost, die sich gut und schnell lesen lässt, ohne, dass man groß darüber nachdenken müsste. Trotzdem fesselt die Geschichte, wenngleich Doyles Abschweifungen beim Erzählen ab und an kleine Einschnitte bedeuten, die man sicher auch anders gelungener hätte unterbringen können. Es ist ab und an recht verwirrend, dass er mit seinen Gedanken schon wieder an anderer Stelle ist, als die Handlung in dem Moment. Auch bleiben einige Fragen ungeklärt. Der Epilog ist beispielsweise vollkommen verwirrend, wenn man davon ausgeht, dass es ein einzelner Band ist. Auch erfährt der Leser nicht, was eigentlich mit Doyles Geliebter passiert ist. Wie sich allerdings herausstellt sind bereits weitere Veröffentlichungen geplant. Es bleibt also die Hoffnung, dass sich dann aufklärt, was im ersten Band der Reihe offen geblieben ist.
Das erste Buch, das Ivy und ich wirklich gemeinsam gelesen haben. An der Umsetzung können wir vielleicht noch etwas feilen, auf der anderen Seite hat mich der Vorsprung von Ivy auch sehr gut vorangetrieben. Die Geschichte war am Ende aber genau richtig, um dann auch drüber reden zu könne.
Ivys Meinung
Wer kennt sie nicht, die großen Detektive des letzten Jahrhunderts? Miss Marple, Hercule Poirot und wer natürlich auch nicht fehlen darf ist Mr. Sherlock Holmes himself!
Ich bin schon immer ein großer Freund der klassischen Kriminalgeschichten gewesen, bei denen man sich am Ende als Leser an die Stirn fasst, weil man Details übersehen oder für unwichtig befunden hat, aus denen der Detektiv die richtigen Schlussfolgerungen gezogen und den Fall gelöst hat.
Darauf versteht David Pirie sich sehr gut. Er hat sich den Schöpfer der Figuren Holmes und Watson, Arthur Conan Doyle, zum Erzähler der Geschichte erkoren. Und an wen erinnern uns die Aufzeichnungen aus der Ich-Perspektive? Richtig, an Dr. Watson, Holmes berühmten Assistenten. Und genau wie dieser kommt Doyle in diesem Roman auch rüber. Er ist Arzt, wie Watson, und er begleitet einen der klügsten Köpfe seiner Zeit bei dessen Ermittlungsarbeit. Dieser kluge Kopf ist in diesem Fall Dr. Joseph Bell, einer von Doyles einstigen Medizin-Dozenten an der Universität. Diesen Dozenten gab es wirklich und er wird als heißes Vorbild für den literarischen Meisterdetektiv gehandelt. Inspiriert von dessen "Methode", soll Doyle Holmes wie seinen ehemaligen Mentor gestaltet haben.
Es macht einfach Freude, den Umgang der beiden miteinander zu verfolgen, denn sie wirken wirklich eins zu eins wie das Gespann Holmes-Watson.
Aber auch die übrigen Charaktere sind liebevoll gestaltet, wenn auch sehr klassisch für diese Art von Geschichte. Heather Grace, die junge, schöne Unschuld in Person, ihr strenger Onkel, ihr aalglatter beinahe Verlobter. Nach außen hin wirkt es, als wären sämtliche Rollenklischees erfüllt, doch je weiter man in der Story vordringt, desto deutlicher zeichnet sich ab, dass sie alle ein wenig mehr Tiefgang haben, versteckte Motive, ungeahnte Winkelzüge.
Piries Schreibstil passt wunderbar zu denen der historischen Holmes-Geschichten und in das viktorianische Großbritannien. Das bedeutet aber auch, dass die emotionale Tiefe zu wünschen übrig lässt. Es gibt den ein oder anderen Aspekt aus Doyles Vergangenheit, der ihn selbst noch immer gefangen hält, aber großen Herzschmerz oder das große Mitfühlen wird man hier nicht finden. Das ist in diesem Fall aber nicht negativ auszulegen, denn es gehört für mich einfach zum Schreibstil dieser Art Romane.
Die Geschichte endet mit einem Epilog, der mehr Fragen aufwirft als er klärt, was aber nicht weiter verwunderlich ist - schließlich soll es auch noch einen zweiten Band geben und dafür muss man schließlich die Spannung hochhalten.
Als wie bereits erwähnt großer Fan dieser klassischen Detektivstories bin ich nur so durch dieses Buch geflogen. Es bietet kurzweilige Unterhaltung und macht zugleich neugierig darauf, wie Pirie Doyles Geschichte wohl weiterzeichnen mag. Wir waren uns daher einig, dass es vier verdiente Blümchen für "Die Augen der Heather Grace" gibt.
Aussehen: ♥♥♥♥♥
Charaktere: ♥♥♥♥
Spannung: ♥♥♥♥
Schlüssigkeit: ♥♥♥♥
Emotionale Tiefe: ♥♥♥
Schreibstil: ♥♥♥♥♥
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