BR - Antoine Leiris - Meinen Hass bekommt ihr nicht




 Titel: Meinen Hass bekommt ihr nicht
 Reihe: -
 Autor: Antoine Leiris
 Genre: Biografie
 Verlag: Blanvalet
 Seitenzahl: 140 Seiten
 Preis: 12,00€







Wir alle haben die Berichterstattung um die Anschläge in Paris vergangenes Jahr verfolgt. Vielleicht ein bisschen froh darüber, dass es weit genug weg passiert ist. Vielleicht ein bisschen entsetzt darüber, dass es doch so nah war. Wir haben von Verletzten und Toten gehört und am Ende doch sagen können: Zum Glück ist es nicht mir passiert.
Antoine Leiris ist es passiert. Es sind nicht immer bloß "die anderen", die ein Unglück ereilt. Seine Frau Hélène besuchte das Konzert im Bataclan als dort die tödlichen Schüsse fielen. Als er sie an diesem Abend des 13. Novembers zu Hause verabschiedet, sieht er sie das letzte Mal.
Dann die Schocknachricht: es hat Anschläge gegeben. Das Bataclan ist betroffen. Es sind Schüsse gefallen. Es gibt Tote. Er kann Hélène nicht erreichen. Ist ihr Handy wegen des Konzerts ausgeschaltet oder weil ihr etwas zugestoßen ist?
Ergreifend schildert Leiris, wie er die Stunden der Ungewissheit ertragen hat. Wie er erfahren hat, dass Hélènes Konzertbegleitung mit einer Schussverletzung davon gekommen ist, ihm aber nicht sagen konnte, wo seine Frau ist und wie es ihr geht. Ob sie in Ordnung ist. Wie dann, nach einer verzweifelten Suche, der niederschmetternde Anruf kam: Hélène ist eine der neunzig Toten jenes Abends. Leiris Leben ist in den Grundfesten erschüttert. Seines und das seines gerade einmal siebzehn Monate alten Sohnes Melvil, der noch nicht versteht, warum Mama nicht wieder nach Hause kommt, der aber sehr wohl die Traurigkeit aufnimmt. Die Beerdigung, die Berichterstattung... Leiris beschreibt, wie er in den folgenden Tagen und Wochen weitermacht, obwohl er manchmal das Gefühl hat, nicht weiter zu können. Aber er muss, für seinen Sohn. Und aus seinem tiefsten Inneren drängt etwas hervor, das er als offenen Brief auf Facebook veröffentlicht. Eine Botschaft an die Menschen, die hinter den Anschlägen stecken. An die Menschen, die ihm seine Frau und seinem Sohn die Mutter genommen haben: Meinen Hass bekommt ihr nicht.

Es gibt keine Bewertung von mir für dieses Buch, wie ihr seht. Keine Blümchen, kein Urteil über Aussehen oder Schreibstil des Buches. Dafür habe ich mich ganz bewusst entschieden, denn während ich Leiris Worte gelesen habe, die er in dieser ersten Zeit der Fassungslosigkeit und Trauer geschrieben hat, hatte ich beinahe das Gefühl in etwas Ungehörigem zu Stochern. Nicht, weil Trauer ungehörig ist. Nicht, weil es ein unangenehmes Thema ist, um darüber nachzudenken. Aber zu sagen das Buch wäre berührend gewesen, ist eine starke Untertreibung. Was Leiris geschrieben hat hat sich beim Lesen wund angefühlt. Verletzt. Hoffnungslos und gleichzeitig tapfer.
Ich werde diese nackte, ungeschönte Trauer eines Ehemannes nicht in unsere Schubladen packen. Aber auch wenn keine vier oder fünf Blümchen unter diesem Text stehen, möchte ich das Buch doch empfehlen. Es tut weh, aber es inspiriert. Es bedrückt, aber es macht auch Hoffnung.

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