Titel: Über tausend Hügel wandere ich mit dir
Reihe: -
Autor: Hanna Jansen
Genre: Roman
Verlag: Peter Hammer Verlag
ISBN: 978-3-7795-0517-4
Seitenzahl: 303 Seiten
Preis: 19,90€
"Die eingetretene Stille ließ Oliviers Schreie in Jeannes Ohren tausendfach nachhallen. Sie sah Maria aufgelöst in Tränen, sah die Großmutter in stoischer Ruhe dasitzen und ihre Pfeife rauchen, das faltige Gesicht der Sonne zugewandt. Und sie glaubte, niemals mehr im Leben wieder froh zu werden."
Sorglos und behütet wächst die kleine Jeanne in Ruanda auf. Doch ihre unbeschwerte Jugend hat ein jähes Ende, als kurz vor ihrem achten Geburtstag der Bürgerkrieg beginnt. Aus Nachbarn werden Mörder, aus Freunden Feinde, und hilflos muss das Mädchen mit ansehen, wie seine Familie grausam hingemetzelt wird. Erst bei Hanna Jansen, einer Frau, die bereits zehn Kinder aus aller Welt bei sich aufgenommen hat, findet das heimatlose Kind ein neues Zuhause. Doch im Gegensatz zu allen anderen möchte Jeanne nicht schweigen. Sie ist verwirrt und zugleich verärgert, dass in ihrer neuen Heimat, Deutschland, so Wenige wissen, wo Ruanda eigentlich liegt und noch weniger etwas über die Hintergründe des Bürgerkriegs, der heute als Genozid bekannt ist, wissen. Deshalb erzählt sie mit Hilfe ihrer neuen Mutter ihre Geschichte und wie sie es als einzige ihrer Familie schaffte dem Völkermord zu entgehen.
Aufgefallen ist mir das Buch zuerst wegen seines Covers. Ich hatte gleich eine Assoziation zu einem afrikanischen Mädchen. Dass es dann in dem Buch um den Völkermord in Ruanda geht, das wurde mir dann ja direkt auf dem Klappentext gesagt. Da ich mich für dieses schreckliche Ereignis ohnehin interessiere und auch schon den Spielfilm "Hotel Ruanda" unglaublich schockierend und zugleich auch spannend fand, habe ich mir etwas Zeit für Jeannes Geschichte genommen.
Die Geschichte ist von Jeanne selbst erzählt worden und von ihrer Pflegemutter Hanna Jansen aufgeschrieben und veröffentlich worden. Schon vorher war sie Autorin und hat so ihrer Tochter ein Sprachrohr verschafft. Das hatte allerdings nicht nur gute Seiten. Zwar erhielt das Werk Aufmerksamkeit und gewann sogar Preise, doch damit begann auch der Medienrummel, der es der Großfamilie schwer machte ein normales Leben zu führen. Deshalb wurde das Buch noch einmal von der Autorin überarbeitet und in dieser Neuauflage bei einem anderen Verlag gedruckt, damit sich gerade auch Kinder im Alter von Jeanne angesprochen fühlen und sich für das Schicksal der Gleichaltrigen interessieren.
Das Buch ist in mehrere Teile aufgeteilt, wobei ich an dieser Stelle etwas Probleme mit den Zeitsprüngen hatte, die vorgenommen wurden, um die Ereignisse und Jeannes Leben so gut wie möglich aufzuzeigen und wiedergeben zu können. Mir fehlten da leider etwas die genauen Jahreszahlen, weshalb ich zwischenzeitlich ziemliche Probleme hatte genau zu begreifen wie viel Zeit inzwischen vergangen war.
Der erste Teil spielt noch in Jeannes Kindertagen und erzählt viel von den Sommern, welche das Mädchen mit ihren Geschwistern und den ganzen Cousins und Cousinen bei ihrer Großmutter verbrachte. Dieser Teil wirkt sehr aus dem Zusammenhang herausgerissen und scheint auf den ersten Blick wenig mit der Geschichte des Völkermords zu tun zu haben, er enthält aber einen elementaren Teil von Jeannes Leben, der ihr ganzes Denken geprägt hat. Im weiteren Verlauf der Geschichte wird deutlich, wieso auch diese kleine Vorgeschichte für das Leben des Mädchens wichtig ist.
Vermutlich ist es schwer ein solch heikles Thema wie den Völkermord in einem Roman umzusetzen, dennoch hätte ich mir hin und wieder etwas mehr Nähe gewünscht. Die Charaktere rücken immer wieder in sehr weite Ferne, was es deutlich schwerer macht sich in sie hineinzuversetzen und auch die Beobachtungen von Jeanne scheinen ab und an fast teilnahmslos. Das erschwert auf jeden Fall das Mitgefühl und verhindert vielleicht auch etwas die Möglichkeit den Schrecken wirklich nachempfinden zu können.
Jedes Kapitel beginnt oder endet mit einem kleinen Einschub aus dem aktuellen Leben des Mädchens, welchen die Autorin eingefügt hat. Manchmal sind es nur kurze Stücke, in denen es darum geht, dass sie eine Geschichte aus deiner Kindheit erzählst, welche sie von ihrer Großmutter gehört hat, dann sind es aber auch die Gedanken von Hanna Jansen, die sich darum sorgt, dass Jeanne das alles, was ihr zugestoßen ist, nicht richtig verarbeiten kann. Diese Einschübe erzeugen wiederrum tatsächlich eine unglaubliche Nähe und erleichtern zumindest das Hineinversetzen in die Autorin und Jeanne.
Die Kapitel sind allesamt recht kurz und der Schreibstil bleibt recht einfach. Vieles wirkt tatsächlich wie mit Kinderaugen gesehen und erzählt, so dass es leicht ist das Geschehen nachvollziehen zu können und der Text schnell und leicht lesbar ist. Auch Kinder sollten so kein Problem damit haben sich in die Lage von Jeanne hineinversetzen zu können, gerade auch, weil die großen politischen Zusammenhänge, die hinter dem Völkermord stehen, nicht erwähnt werden. Es geht um das, was Jeanne gesehen hat und wie sie es erlebt hat und sie hat selbst auch nichts von den Machenschaften verstanden. Alles, was sie weiß, ist die Tatsache, dass ihre Familie getötet wurde, von Menschen, die zuvor noch Freunde waren.
Insgesamt wurde mit der Geschichte sensibel umgegangen und versucht Jeannes Leben nachzuzeichnen. Mir persönlich fehlte dabei an einigen Stellen das Gefühl und die Nähe. Da wäre sicher noch mehr möglich gewesen. Dennoch wirft das Buch einen erschreckenden Blick auf den Völkermord in Ruanda und erzählt die Geschichte des kleinen Mädchens ausführlich nach. Vielleicht gibt dieses Buch gerade auch anderen Kindern Hoffnung, die eine schwere Zeit durchleben, denn auch Jeanne hat es geschafft in ihrer neuen Familie weiter zu leben und ein neues Zuhause aufzubauen.
Aussehen: ♥♥♥♥
Charaktere: ♥♥♥
Spannung: ♥♥♥
Schlüssigkeit: ♥♥♥♥♥
Emotionale Tiefe: ♥♥♥♥
Schreibstil: ♥♥♥
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