BR - Martin Davies - Wiedersehen in Hannesford Court








Broschiert
Erschienen am: 01. November 2013
Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN: 978-3423249898
Seitenzahl: 336
Preis: 14,90€









"Es gibt Tausende und Abertausende Menschen in diesem Land, die ihre Liebsten verloren haben, und sie müssen irgendeinen Sinn darin finden. Glaub mir, die Wahrheit ist so ziemlich das Letzte, was diese Leute hören wollen."

Winter 1919. Der erste Weltkrieg ist vorbei und Captain Tom Allen kehrt nach London zurück. Dort erwartet ihn eine Einladung zum Weihnachtsfest bei den Stansburys in Hannesford Court. Irgendwann in einem anderen Leben hat er einst zum illustren Kreis der Gäste in Hannesford gehört, aber eigentlich hatte er sich geschworen, nie wieder dorthin zurückzukehren. Am Ende fährt er doch, um der Einsamkeit Londons zu entfliehen, und kommt zurück an den Ort, an dem die wunderschöne Margot ihm fünf Jahre zuvor das Herz gebrochen hat. Auf den ersten Blick wirkt Hannesford unverändert, doch der Eindruck täuscht. Mit einem toten und einem verkrüppelten Sohn, einer verwitweten Tochter und einer, die ihren Verlobten verloren hat, sind auch die Stansburys vom Krieg nicht unberührt geblieben. Dennoch ist Lady Stansbury fest entschlossen, das Weihnachtsfest und den alljährlichen Silvesterball zu einem glanzvollen gesellschaftlichen Ereignis zu machen - so wie früher. Inmitten dieser Bemühungen kommt die Sprache wieder auf den Tod eines allseits geschätzten Gastes vor einigen Jahren hier auf Hannesford. Was Tom damals für ein tragisches Unglück gehalten hat, verbirgt doch sehr viel mehr, und erst jetzt erkennt Tom die Hinweise darauf und kann sie Stück für Stück zusammenfügen.

Wie einige vielleicht wissen bin ich ein wenig auf Hobby-Historiker-Pfaden unterwegs. Dabei liegt mein besonderes Augenmerk auf dem 17. und 18. Jahrhundert in Europa. Für den ersten oder zweiten Weltkrieg, geschweige denn für das 20. Jahrhundert an sich, habe ich mich nie über den Schulstoff hinaus interessiert. Aber auf Meggies Drängen hin musste ich dann ja mal in "Downton Abbey" rein schauen und ich musste feststellen, dass die Zeit doch gar nicht so unspannend ist, wie sie immer auf mich gewirkt hat. Als mir also "Wiedersehen in Hannesford Court" in die Hände fiel, habe ich es in Gedanken an "Downton Abbey" gleich mal eingepackt.
Wie die Inhaltsangabe bereits vermuten lässt, begleiten wir Tom Allen bei seiner Rückkehr nach Hannesford. Diese Art Heimkehr weckt viele Erinnerungen in ihm, die man als Leser nicht gleich auf Anhieb einsortieren kann, aber je weiter man liest, desto schlüssiger wird das Gesamtbild. Wir lernen die Clique von damals kennen, die von den Stansbury Geschwistern Harry und Margot angeführt wurde. Viele sind nicht aus dem Krieg heim gekehrt oder wenn, dann versehrt. Tom muss zunächst einmal die Gegenwart mit seinen Erinnerungen in Einklang bringen. Der Krieg hat alle verändert, die einen offensichtlicher, die anderen subtiler. Und während man so liest hat man selbst ein bisschen das Gefühl, dabei gewesen zu sein, damals.
Mit Tom Allen hat Martin Davies auf jeden Fall einen sehr sympathischen Protagonisten geschaffen, in den man sich gut einfühlen kann. Man muss wie er erstmal die gesellschaftlichen Geflechte in Hannesford entwirren und auch wenn man hier und da ein dunkles Geheimnis ahnt, bin zumindest ich am Ende doch bei dem einen oder anderen Charakter überrascht gewesen, was da noch alles zum Vorschein gekommen ist. Denn in Hannesford ist nichts so eindimensional wie es auf den ersten Blick wirkt. Die Goldkinder sind nicht ausschließlich das, ebenso wie einige unscheinbarere Randfiguren die sprichwörtlichen stillen Wasser mit immenser Tiefe sind. Auch ohne großen, actiongeladenen Plot schafft Martin Davies eine interessante Atmosphäre, der man sich nicht entziehen kann. Es sind die kleinen, gesellschaftlichen Feinheiten, die fesseln. Davies gelingt es sogar den zarten Faden einer Liebesgeschichte einzuflechten, die aber alles andere als aufdringlich ist und auch nicht dem Klischee Junge-trifft-Mädchen-und-ist-unsterblich-verliebt entspricht.

Ich für meinen Teil habe mich sehr wohl in Hannesford und mit den Charakteren, ob groß oder klein, gefühlt. Für diesen wirklich schönen Ausflug in die Anfänge des 20. Jahrhunderts vergebe ich vier Blümchen und durchaus eine Leseempfehlung für alle, die auch Freude an "Downton Abbey" haben.


Aussehen: ♥♥♥♥ 
Charaktere: ♥♥♥♥ 
Spannung: ♥♥♥ 
Humor: ♥♥♥ 
Schlüssigkeit: ♥♥♥♥♥ 
Originalität: ♥♥♥♥ 
Emotionale Tiefe: ♥♥♥♥ 
Schreibstil: ♥♥♥♥


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