BR - Sabine Rennefanz - Die Mutter meiner Mutter




 Titel: Die Mutter meiner Mutter
 Reihe: -
 Autor/in: Sabine Rennefanz
 Genre: Roman
 Verlag: Luchterhand
 Seitenzahl: 251 Seiten
 Preis: 19,99€

Vielen Dank an das Randomhouse Bloggerportal, den Luchterhand Verlag und die zuständige Pressereferentin Elsa Antolin für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!



Ich verstand sehr früh, dass meine Großmutter nicht den Vorstellungen einer typischen Oma entsprach. Das war nur ein Grund, warum ich lange dem Irrtum aufsaß, sie sei eine gefühllose Frau.

Mit vierzehn muss Anna des Krieges wegen ihre Heimat verlassen. Als Flüchtlingsmädchen hat sie es nicht leicht, doch sie findet Arbeit in Kosakenberg, dem Dorf, in dem sie, ihre Stiefmutter und ihre beiden kleinen Brüder Unterschlupf finden. Sie arbeitet immer noch als Magd bei den Wendlers, als 1949 Friedrich Stein aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrt. Er geht bei den Wendlers ein und aus und macht Anna vom ersten Tag an Angst - nicht unbegründet, wie sie wenig später am eigenen Leib erfahren muss.
Auf Drängen der Wendlers heiratet Friedrich Anna. Eine Ehe, die mit einem Verbrechen beginnt. Einem Geheimnis, das Anna ihrer Familie über ein halbes Jahrhundert vorenthält und das die Mutter und Großmutter plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt.

Wie geht man damit um, wenn ein lange gehütetes Familiengeheimnis ans Licht kommt? Insbesondere wenn es einen geliebten Menschen in ein völlig neues Licht rückt? Erzählt wird Annas Geschichte von ihrer Enkelin, einer namenlos bleibenden Ich-Erzählerin, deren Mutter Monika, Annas Tochter, ihr erzählt, was sie über ihren Vater, Annas verstorbenen Mann Friedrich, herausgefunden hat. Monika ist das Produkt einer Vergewaltigung, die in einer Ehe mündete, die wiederum in noch zwei weiteren Töchtern resultierte. Während Monika zunächst das Bedürfnis zu haben scheint darüber zu reden, entscheidet sie sich dann doch dafür, das Vergangene ruhen zu lassen. Die Dinge seien nun mal wie sie seien. Doch ihre Tochter, die Zeit seines Lebens eine sehr innige, liebevolle Beziehung zum Großvater hatte, kann nicht einfach so tun und weitermachen, als hätte sie nie von dieser Geschichte erfahren. Sabine Rennefanz erzählt gefühlvoll, aber auch sehr klarsichtig von der Reise der Ich-Erzählerin in die Vergangenheit ihrer eigenen Familie. Schritt für Schritt fallen ihr kleine Erinnerungsfetzen und -bruchstücke ein, die jetzt, wo sie die Wahrheit über das Unglück ihrer Großmutter kennt, ein viel klareres Bild ergeben. Warum ihre Großmutter nicht in der Lage war eine innige Bindung zu ihren Töchtern oder Enkelkindern aufzubauen. Und wie sie sie trotzdem alle dadurch geschützt hat, dass sie das dunkle Geheimnis ihres Mannes für sich behalten hat.
Die Handlungsstränge in Annas Vergangenheit und in der Gegenwart, in der die Ich-Erzählerin von verschiedenen Ereignissen und Erinnerungen berichtet, die sie selbst erlebt und gesammelt hat, sind gefühlvoll, aber nicht überdramatisiert erzählt und miteinander verwoben. Sabine Rennefanz findet genau den richtigen Ton, dass man gut mitfühlen kann. Einzig der ständige Gebrauch der Phrase "die Mutter meiner Mutter" auch im Fließtext war ein wenig störend, aber in Anlehnung an den Titel kann man das wohl als Stilmittel ganz gut hinnehmen.

Ein schlimmes Schicksal, ein dunkles Geheimnis, eine Frau, die das Leben gebrochen hat. Sabine Rennefanz Geschichte über das Leben von Anna Stein ist bedrückend, aber man kann sie beim besten Willen nicht aus der Hand legen. 


Aussehen: ♥♥♥♥
 Spannung: ♥♥♥♥
 Schlüssigkeit: ♥♥♥♥♥
 Emotionale Tiefe: ♥♥♥♥
 Schreibstil: ♥♥♥♥




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