Auch ich habe heute ein Zitat für euch. Noch immer bin ich mitten im Geschehen um Melanie, in "Die Berufene". Langsam wird es dort wirklich brenzlich und mehr als einmal wurde die moralische Frage nach dem Umgang mit den infizierten Kindern jetzt schon aufgeworfen und von allen Seiten beleuchtet. Trotzdem schafft es M.R. Carey zwischendurch Augenblicke zu schaffen, in denen die Geschichte zur Ruhe kommt. Nur einen Moment bleibt Zeit zum Durchatemen und dann entstehen solche wortbildlichen Abhandlungen über Melanies Empfindungen, die ich unbedingt mit euch teilen wollte:
"Plötzlich fühlt sie sich wie eine Ameise, die geduckt ganz unten in dieser Welt existiert. Ein feststehendes Atom in einem Meers des Wandels. Die Grenzenlosigkeit der Erde umfasst sie und dringt in sie ein. Schluck für Schluck sauft sie die berauschende, überladene Atmosphäre in sich auf.
Und selbst in ihrem benommenen, erschöpften Zustand, selbst mit den Erinnerungen an Fleisch und abstoßende Gewalt, die ihren Verstand überlagern, gefällt es ihr. Sehr sogar.
Besonders die Gerüche. Ihre Wirkung ist ganz anders als der Geruch von Menschen, und trotzdem sind sie aufregend. Sie wecken etwas in ihrem Bewusstsein, das bisher geschlafen haben muss.
Und sie helfen ihr dabei, den Hunger auf Fleisch und die Erinnerungen so weit von sich zu schieben, dass sie nicht mehr so schmerzhaft sind, nicht mehr so beschämend. Nach und nach fühlt sie sich wieder wie sie selbst."
Die Berufene - M.R. Carey, Seite 154
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