Gebundene Ausgabe
Erschienen am: 01. Juli 2003
Verlag: Insel Verlag
ISBN: 978-3458171703
Seitenzahl: 562
Preis: 9,99 € (als Taschenbuch)
"Irgendjemand hat mal gesagt, in dem Moment, wo man
sich damit aufhält, darüber nachzudenken, ob man jemanden liebt, hat man schon
für immer aufgehört, ihn zu lieben."
Daniel wird an einem frühen Morgen von seinem Vater zum
Friedhof der vergessenen Bücher gebracht. Dieser Ort ist ein Geheimnis und bei
seinem ersten Besuch darf sich der Junge ein Buch aussuchen, für dessen
Sicherheit er sorgen soll. Lange wandert er durch die Gänge, bis er "Der
Schatten des Windes" von einem Autor namens Julian Carax findet. Es sind
nur einige Zeilen, die ihn dazu bewegen das Buch mitzunehmen. Die Nacht schläft
er nicht, sondern verbringt damit die Geschichte zu lesen. Sein Wunsch wächst
mehr von dem Autor zu lesen, der es so wunderbar schafft den Charakteren Leben
einzuhauchen und dem Leser den Atem gefrieren zu lassen. Doch niemand kennt
einen Julian Carax und seine Bücher scheinen wie vom Erdboden verschluckt.
Seine Suche nach dem geheimnisvollen Mann bringt dem jungen
Daniel bald neue Freunde ein, aber auch neue Feinde und ein Leben voller
Geheimnisse und Gefahren, die ihn noch viele Jahre fesseln sollen. So lange,
bis sich der Vorhang lüftet und das Leben des Autors plötzlich dem von Daniel
sehr ähnlich geworden ist.
Das Cover des Buches zeigt eine vernebelte Straße, auf der
ein Mann mit einem kleinen Jungen an der Hand entlang geht. Das Ganze ist eine
schwarz-weiß Fotografie, die wundervoll die Zeit einfängt und noch dazu den
Beginn des Buches darstellt. Es ist vielleicht nicht sonderlich spektakulär und
nur durch dieses Cover, wäre ich auf das Buch wohl nicht aufmerksam geworden,
doch es passt sich in das Gesamtkonzept ein.
Carlos Ruiz Zafón haucht seinen Charakteren ein Leben ein,
das gespickt ist mit Details, Schicksalsschlägen und sie trotzdem noch
menschlich wirken lässt. Die Personen haben alle Stärken und Schwächen und ihre
ganz eigene Art zu sprechen und zu agieren. Das kann er sehr gut vermitteln.
Besonders gut war es, dass die Charaktere ihre Schwächen nicht plötzlich
vergessen. Daniel ist am Beginn der Geschichte kein sonderlich mutiger Mensch
und auch im Verlauf wirft er nicht plötzlich all seine Ängste über den Haufen.
Erst, als er seine Liebe schon verloren sieht, schafft er den Mut zu finden sie
zu suchen und sich den Dingen zu stellen, die dort auf ihn warten möchten. Das
sorgt für einen wirklichen Zugang zu den Personen und man kann sich recht gut
in ihre jeweilige Lage versetzen. Besonders die negativbelasteten Charaktere
bestäubt Zafón auch mit dem entsprechend negativen Glanz und macht sie trotzdem
auch irgendwie zu Opfern ihrer Vergangenheit.
Das Buch steht bei uns in der Bücherei in der Abteilung
Psychothriller. Als ich angefangen habe, konnte ich das nicht wirklich
nachvollziehen und auch jetzt am Ende verstehe ich die Einteilung nicht
wirklich. Allerdings weist das Buch eine Menge Spannung auf, die sich immer
wieder in Zuspitzungen erhöht, um etwas abzuflachen und dann doch wieder einen
neuen Höhepunkt zu erreichen. Bis zum Ende weiß der Leser nicht, was um ihn
herum eigentlich wirklich passiert. Sätze wie "in sieben Tagen wäre ich
bereits tot." machen die Geschichte zusätzlich spannend und man möchte
eigentlich gar nicht wirklich aufhören und das Buch zur Seite legen.
Trotz der verzwickten Geschichte und der Spannung, die das
Buch aufweist, schafft Zafón einige Charaktere, die auch für die richtige
Portion Humor sorgen. Gerade in den finsteren und aussichtslosen Momenten hilft
das die Geschichte nicht zu düster wirken zu lassen, ohne gleich eine Lösung
anzubieten oder es Daniel zu leicht zu machen. Ein lockerer Spruch und die durchaus
menschlichen Reaktionen Daniels, machen die Dialoge oft zu einer ganz normalen
Unterhaltung und lassen sie so, so perfekt in die Geschichte einfließen.
Die Kombination dieser Aspekte lässt das ganze Buch so tief
und emotional wirken. Schon einige Zeit hat mich kein Buch mehr so gefangen
genommen. Zusätzlich ist sehr gut zu merken, dass Carlos Ruiz Zafón selbst in
Barcelona geboren und groß geworden ist. Er vermag es in all seinen Details den
Zauber und Geist der Stadt einzufangen, in der seine Handlung angesiedelt ist.
Das Buch wirkt insgesamt gut durchdacht und die Geschichte
nicht schon ausgelutscht. Auch die Wendungen sind zumindest an einigen Punkten
äußerst überraschend, auch wenn es am Ende das Happy End für Daniel gibt, so
war der Weg dorthin doch ganz anders als erwartet und dieser gute Ausgang für
alle zu keinem Zeitpunkt sicher, wie das Zitat von oben ja bereits zeigt.
Zwischenzeitlich konnte wirklich Angst um die Lieblinge auftauchen, denn nur
weil Daniel die Geschichte erzählt heißt das ja schließlich nicht, dass er
nicht auch sterben kann. Hinzu kommt der unglaubliche Schreibstil von Zafón, der einen Leser nicht mehr loslassen möchte und das Buch abrundet und zu einem Gesamtkunstwerk macht.
Insgesamt hat mich die Geschichte tatsächlich mitgerissen
und gefesselt. Die Umgebung und der Zauber Barcelonas wurden eingefangen, um
eine Liebesgeschichte, einen Thriller, eine phantastische Geschichte zu
erzählen. Wer ein gutes Buch für den Sommer sucht, der sollte auf jeden Fall
mal einen Blick auf die Werke von Carlos Ruiz Zafón werfen.
Aussehen: ♥♥♥
Charaktere: ♥♥♥♥♥
Spannung: ♥♥♥♥
Humor: ♥♥♥
Schlüssigkeit: ♥♥♥♥♥
Originalität: ♥♥♥♥
Emotionale Tiefe: ♥♥♥♥♥
Schreibstil: ♥♥♥♥♥
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