Titel: Gemeingefährlich
Reihe: -
Autor: Stephan Harbort
Genre: Sachbuch
Verlag: Ullstein
ISBN: 978-3-423-42430-1
Seitenzahl: 240 Seiten
Preis: 12,99€
Viele erinnern sich vielleicht, es hat da vor einigen Jahren mal eine Diskussion um die sogenannte Sicherungsverwahrung gegeben. Ob sie grundgesetzkonform ist, zu welchem Zeitpunkt sie angeordnet werden muss und in welchen Fällen sie überhaupt angeordnet werden darf. Aber niemand weiß eigentlich so genau, was das bedeutet und für welchen Typ Täter diese besondere Maßnahme des Strafrechts eigentlich greift.
Stephan Harbort, der vielleicht einer der bekanntesten Autoren auf diesem Gebiet ist, hat in seinem Buch "Gemeingefährlich" die Geschichten einiger genau solcher Täter erzählt. Ohne irgendetwas zu beschönigen schildert er die größtenteils sehr grausamen Taten, wobei er allerdings nie ganz den Blickwinkel des sachlichen, analytischen Betrachters verliert. Natürlich verurteilt er solche Taten wie jeder andere von uns auch, aber indem man die Menschen einfach verteufelt macht man es sich sehr einfach und dringt kaum bis zum Kern der Sache durch: wie ist aus dieser Person ein kaltblütiger Mörder geworden? Und wie kann anhand ihrer persönlichen Geschichte hergeleitet werden, ob es ein Einzelfall war oder ob in Zukunft weitere Straftaten gegen Leib und Leben anderer Menschen zu erwarten sind?
Ich fand es sehr interessant zu lesen, welche Parameter herangezogen werden, um so ein Urteil zu fällen. Also ob ein verurteilter Mörder noch über seine im Urteil festgehaltene Freiheitsstrafe hinaus in Verwahrung bleiben muss, damit er keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt. Genau so interessant, aber auch ein bisschen beängstigend fand ich, dass es sich bei diesen Überlegungen natürlich um keine exakte Wissenschaft handelt. Auch die zuständigen Experten können sich irren und eine fehlerhafte Einschätzung abgeben. Manchmal musste ich das Buch für eine halbe Stunde zur Seite legen, weil ich wirklich schlucken musste wenn das Tatgeschehen geschildert wurde - insbesondere bei dem Fall eines Häftlings, der von seinen Zellennachbarn systematisch gefoltert, gedemütigt und schließlich erhängt wurde. Harbort schildert das meiste so bildhaft, dass es einem eine Gänsehaut macht, verliert sich aber auch manchmal in für den Laien ein wenig hypothetischen Rechtsgrundlagen, was den Lesefluss hier und da etwas ausbremst. Dafür gibt es einen kleinen Punktabzug, auch wenn diese Rechtsgrundlagen natürlich auf ihre Art wichtig sind für das Gesamtverständnis des Sachverhalts.
"Gemeingefährlich" ist kein Buch für schwache Nerven, denn auch wenn es sich um ein Sachbuch handelt wird hier nicht an Details gespart, die einem die Nackenhaare aufstellen. Insgesamt hat es mir aber interessante neue Aspekte unseres Strafrechts aufgezeigt und bekommt dafür vier Blümchen von mir.
Aussehen: ♥♥♥
Humor: -
Schlüssigkeit: ♥♥♥♥
Emotionale Tiefe: ♥♥♥
Schreibstil: ♥♥♥♥♥
Also solche Art von Büchern find ich ja auch immer hochspannend. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es lesen möchte. Wenn es so hart ist, wie du beschreibst... Uiuiui. Dann ziehen sich bestimmt auch 240 Seiten ganz schön.
AntwortenLöschenAlso ich habe es binnen 2 Tagen durchgelesen, aber die beschriebenen Szenen lassen einen echt manchmal schlucken. Wir haben es aber in der Bücherei, du kannst es dir ja ausleihen kommen :D dann hast du kein Geld dafür verplempert, wenn du dir doch irgendwann sagst ne, ich brech das hier jetzt ab. Denn spannend ist es auf jeden Fall. Es ist halt ein Blick in den Abgrund, ne? Aber das sind die meisten dieser Bücher.
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