Titel: Au revoir, bis nach dem Krieg
Reihe: -
Autor: Gudrun Pausewang
Genre: Historischer Roman
Verlag: Ravensburger
ISBN: 978-3-473-58458-1
Seitenzahl: 250 Seiten
Preis: 7,99€
Ach Hanni,
verzeih. Ich musste dir wehtun, weil ich mich nicht so verhalten durfte, wie ich wollte. Schuld daran: der Krieg. Ich sehne sein Ende herbei. Dann sehen wir uns wieder!
Hanni ist fünfzehn, als der zweite Weltkrieg losbricht und nicht nur ihr Vater, sondern auch ihr älterer Bruder Jürgen eingezogen werden. Hanni bleibt zurück mit ihrer Oma, die bereits zwei Söhne ist ersten Weltkrieg verloren hat, ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder Alfred. Die Arbeit auf dem Hof ist hart für die Frauen und so sehen sie die Chance auf eine kleine Erleichterung gekommen, als französische Kriegsgefangene in der Nähe untergebracht werden und den Bewohnern des Städtchens als Arbeitskräfte angeboten werden. Die Hensels bekommen Philippe zugeteilt, einen neunzehnjährigen Studenten aus Paris, der kein Wort Deutsch kann. Trotz der Sprachbarriere überwinden die Hensels ihre Vorurteile rasch und nehmen Philippe in ihrem Haus auf wie einen Sohn - doch das ist gefährlich. Denn Fraternisierung mit dem Feind ist strikt untersagt! Und noch gefährlicher wäre es, sich in einen zu verlieben. Doch Hanni und Philippe fühlen sich trotz allem zueinander hingezogen. Nach dem Krieg wird ihre Liebe eine Chance bekommen, er muss nur endlich enden...
Meine Neigung zu historischen Romanen hat mich bei diesem Cover mit dem hübschen, alten Foto sofort aufmerken lassen. Dazu der Inhalt - eine verbotene Liebesgeschichte in einer wirklich dunklen und noch gar nicht so schrecklich lange zurück liegenden Zeit? Ich habe es sofort mitgenommen. Dass es bei den Jugendbüchern lag, habe ich gar nicht so wirklich wahrgenommen. Aber als ich später noch einmal darüber nachgedacht und gelesen habe, dass die Autorin selbst Jahrgang 1928 ist, hab ich kurz gezweifelt. Ob Gudrun Pausewang in diesem Alter ein Buch schreiben kann, das wirklich zu jungen Menschen durchdringt?
Werft diesen Gedanken gleich über Bord - sie kann! Als eine der immer rarer werdenden Zeitzeuginnen hat sie ein unglaubliches Gespür dafür an den Tag gelegt, Atmosphäre und Umstände wiederzugeben und dabei ihre Protagonistin nicht mit allwissenden, mittlerweile bekannten historischen Fakten zu füttern. Im Gegenteil, als Leser bekommt man die Entwicklung des Kriegs aus Sicht der Hensels mit. Familienmitglieder werden eingezogen und sind monatelang im Feld, ehe man sie wiedersieht. Die liegen gebliebene Arbeit der Männer fällt den Frauen zu, die sie irgendwie noch zusätzlich bewerkstelligen müssen. Kriegsgefangene - Väter, Söhne, Brüder, Ehemänner wie die eigenen, die man in die Ferne geschickt hat - werden zugeteilt, um dabei zu helfen, sprechen aber oft kein Wort Deutsch. Das Anwesen der Hensels wird lange vom Krieg verschont, Nachrichten erhalten sie aus den Briefen des Vaters und des Bruders oder, natürlich, aus dem Volksempfänger. Und so entwickelt sich das Städtchen, obwohl es durch all diese Aspekte auch vom Krieg berührt wird, zu einer kleinen Blase. Die Hensels versuchen, sich so gut es geht um Philippe zu kümmern, ohne dass es den Aufsehern auffällt. Man könnte sagen, dass Hannis Mutter ihn wie einen eigenen Sohn aufnimmt. Und Hanni findet noch ganz anderes Interesse an ihm.
All das erzählt Gudrun Pausewang in einem fast ein bisschen sachlichen Ton. Nicht unpersönlich, nicht distanziert, aber eben auch nicht melodramatisch, effektheischend. Anfangs dachte ich noch, dass mich das stören würde. Doch am Ende trug es eher dazu bei, dass die Geschichte ihren Eindruck zur Gänze bei mir entfalten konnte.
Und wo wir gerade beim Ende sind, das ist für mich persönlich unerwartet (und ja, auch unbefriedigend) ausgefallen. Ich habe mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Ich könnte jetzt einen Punkt dafür abziehen, wenn es nicht so gut zu Geschichte und Gesamtsituation gepasst hätte. Klingt merkwürdig, ist aber so: das Ende war für mich unbefriedigend, aber nicht unpassend.
Fünf Blümchen für eine kurze, aber sehr schönes und eindrucksvolle Liebesgeschichte, die ganz auf Kitsch und Klimbim verzichtet und trotzdem berührt. Solltet ihr Zeit haben - lest es, es ist praktisch in einem runter gelesen und lohnt sich.
Aussehen: ♥♥♥♥
Charaktere: ♥♥♥♥
Spannung: ♥♥♥♥♥
Schlüssigkeit: ♥♥♥♥♥
Emotionale Tiefe: ♥♥♥♥
Schreibstil: ♥♥♥♥♥
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